STROM.
Berechnungen der europäischen Übertragungsnetzbetreiber zeigen, dass eine Teilung Deutschlands in Preiszonen 2025 bis zu 339 Millionen Euro einbrächte. Branchenvertreter winken ab.
Die Aufteilung des Strommarktes in regionale Gebotszonen spaltet die Gemüter, Politik wie auch Fachwelt sind sich uneins. Jetzt hat der Dachverband der europäischen Stromübertragungsnetzbetreiber (Entsoe) seine lange erwartete Gebotszonen-Studie vorgelegt. Experten haben darin verschiedene Teilungsszenarien modelliert. Für den Raum Deutschland-Luxemburg kommen sie, je nach Grad der Teilung, auf ein monetäres Plus von 251 bis 339
Millionen Euro, gerechnet für das laufende Jahr.
// VON Manfred Fischer
MEHR...
Die verschiedenen Teilungsszenarien sind nach dem Kriterium der „wirtschaftlichen Effizienz“ eingestuft. Wie der Verband mitteilt, bilden die Modellrechnungen Netzsicherheit, Markteffizienz, Stabilität und Robustheit der Gebotszonen sowie auch die Energiewende ab. Als Basis dient die von der europäischen Regulierungsbehörde Acer definierte BZR-Methodik (Bidding Zone Review). Die Ergebnisse sollen EU-Mitgliedstaaten bei der Entscheidung unterstützen, ob sie ihre derzeitigen Gebotszonenkonfigurationen ändern oder beibehalten.
Im Fall der Länder im Norden scheint die Entscheidung auf der Hand zu liegen. Keine der untersuchten alternativen Gebotszonen-Konfigurationen ergäbe eine wirtschaftliche Effizienz, schreibt Entsoe. Gemessen am Status quo würden die Alternativen sich mit 2 bis 35
Millionen Euro negativ niederschlagen. Auch die für Italien (2
Zonen) und Frankreich (3
Zonen) modellierten neuen Konfigurationen hätten negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Effizienz. Das für die Niederlande kalkulierte 2-Zonen-Modell würde ein Plus von 9
Millionen Euro bedeuten.
Weniger als 1 Prozent der SystemkostenDas Plus von 251
Millionen Euro ergäbe sich in Deutschland bei einer Dreiteilung: eine Südregion, eine im Nordwesten, eine im Osten. Im Süden stiege der Strompreis dann im Day-Ahead (Market Clearing Price) auf 49,08
Euro/MWh. Für die aktuelle einheitliche Zone weist die Entsoe 47,76
Euro/MWh aus. Im Nordosten der Republik sänke der Preis auf 42,12
Euro/MWh, im Nordwesten auf 43,05
Euro/MWh.
Wäre Deutschlands Strommarkt fünfgeteilt, läge der Preis zwischen 49,09 (Süden) und 41,12 (Norden) Euro/MWh. Für die Region Mitteleuropa zeigten die Simulationsergebnisse, dass die Konfiguration mit dem höchsten positiven monetären Nutzen in Bezug auf die wirtschaftliche Effizienz im Vergleich zum Status quo die Aufteilung von Deutschland-Luxemburg in fünf Zonen wäre, so die Studienautoren.
Die 339 Millionen Euro, heißt es zur Einordnung, entsprächen weniger als 1 Prozent der für die Region Zentraleuropa simulierten Systemkosten. Und die Experten weisen aber darauf hin, dass die den Berechnungen zugrundeliegende Methodik eine Reihe Aspekte nicht berücksichtige. Die Daten sollten daher „nicht isoliert“, sondern in Kombination mit spezifischen Überlegungen in den Mitgliedsstaaten betrachtet werden, empfehlen die Übertagungsnetzbetreiber.
BDEW: Ökonomisch nicht überzeugendDavon unbenommen stellt sich die Denkfabrik Agora Energiewende den deutschen Strommarkt bereits wesentlich kleinteiliger vor. Die Berliner Experten haben ein Modell mit 22 regionalen Preiszonen, sogenannten „Hubs“, entworfen (wir berichteten). Lokale Preise könnten Angebot und Nachfrage besser zusammenbringen, Stromnetze effizienter auslasten und so Redispatch-Maßnahmen deutlich reduzieren, so das Ergebnis ihre Studie.
Ob drei, fünf oder mehr, in der Wirtschaft will man von Teilungsplänen nichts wissen. „Der Bidding Zone-Review zeigt klar, dass die Idee einer Aufteilung der deutschen Strompreiszone ökonomisch nicht überzeugen kann und kurzfristig nur sehr geringe Einsparungen zu erwarten wären“, kommentiert der Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft (BDEW) das Papier der Übertragungsnetzbetreiber.
Eine Aufteilung des deutschen Strommarktes würde die industriestarken Regionen in Hochpreiszonen für Elektrizität verwandeln, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung von BDEW und Verband der Automobilindustrie (VDA). Auch wäre die Umsetzung einer Gebotszonenteilung „hochkomplex und würde sich über Jahre hinziehen“.
Ähnlich äußert sich der Verband kommunaler Unternehmen zu der Studie. Als klare Empfehlung zur Neuordnung der einheitlichen Gebotszone könne dieses Ergebnis nicht gesehen werden. Der VKU verweist auf ein Positionspapier, das die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber begleitend veröffentlicht haben. VKU-Chef Ingbert Liebing: „Eine Aufteilung würde auch bestehende Probleme, wie Netzengpässe, nicht lösen, sondern zusätzliche Herausforderungen schaffen – insbesondere durch neue Unsicherheiten für Investitionen und eine höhere Marktvolatilität.“
Positiv sieht man die Studie dagegen etwa bei Octopus Energy: „Endlich kommt Bewegung in den Strommarkt. Die Empfehlung der Entsoe zur Trennung Deutschlands in mehrere Gebotszonen ist ein überfälliger Schritt hin zu einem ehrlicheren, effizienteren und kundenfreundlicheren Marktdesign“, sagt der Chef des Energieanbieters, Bastian Gierull.
Die Studie der Entsoe steht als kostenfreier Download bereit:
Bidding Zone Review
// VON Manfred Fischer
WENIGER