WASSERSTOFFTRANSPORT. Die Bundesnetzagentur will mit einem einheitlichen Entgelt den Wasserstoff-Netzausbau regeln. Industrieverbände kritisieren die Höhe als Risiko für Investitionen.
Am 26. März 2025 hat die Bundesnetzagentur einen Entwurf für ein bundeseinheitliches Netzentgelt im Wasserstoff-Kernnetz zur Konsultation gestellt. Damit will die Behörde die Finanzierung des Netzausbaus sichern (wir berichteten). Industrieverbände sehen in dem vorgesehenen Preis jedoch ein Hindernis für den Markthochlauf.
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Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK, Essen) und der Verband der Chemischen Industrie (VCI, Frankfurt am Main) kritisieren das geplante Hochlaufentgelt als deutlich zu hoch. Dieses plant die Bundesnetzagentur bei 25
Euro/kWh/h/a − das heißt: Ein Nutzer zahlt 25
Euro jährlich für jedes Kilowatt, das er als Dauerleistung (also über das ganze Jahr betrachtet) über das Netz beziehen oder einspeisen möchte.
Laut der Verbände liegt dieses Hochlauf-Entgelt aber mehr als dreimal über dem aktuellen Niveau der Entgelte für Erdgas-Fernleitungen (rund 6,70
Euro/kWh/h/a) und überschreitet auch die von der Industrie bislang akzeptierte Spanne von 15 bis 20
Euro/kWh/h/a.
VIK-Hauptgeschäftsführer Christian Seyfert warnt: „Das geplante Entgelt übersteigt deutlich den wirtschaftlich tragbaren Korridor – insbesondere für First-Mover-Projekte“. Da in der frühen Marktphase eine Auslastung von 80
Prozent kaum erreichbar sei, steige das Investitionsrisiko für Unternehmen erheblich. Laut VIK und VCI kann der Anteil der Netzentgelte je nach Auslastung auf bis zu 17
Prozent des Wasserstoffpreises anwachsen.
Weitere Kritikpunkte Zudem nehmen die VKI und VCI Intransparenz bei der Festlegung des Entgeltes wahr. Die Entgelthöhe gründet die Bundesnetzagentur auf ein Gutachten der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG) sowie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschug (ISI).
Dabei werde der Wert von 25
Euro/kWh/h/a lediglich einmal als oberer Rand einer möglichen Bandbreite genannt – eine nachvollziehbare Herleitung fehle, so die Kritik der Verbände.
Ein weiteres Problem sehen VIK und VCI im sogenannten Entry-Exit-System nach Vorbild von Erdgas, bei dem Entgelte sowohl an Einspeise- als auch an Ausspeisepunkten fällig werden. Hinzu kommen potenziell zusätzliche Kosten durch Speicherbetrieb. Bei niedriger Auslastung könne dies die Wirtschaftlichkeit ganzer Projekte infrage stellen.
Nach Einschätzung von VIK und VCI lagen die reinen Produktionskosten für grünen Wasserstoff in Europa im Jahr 2023 bei etwa 6,60
Euro pro Kilogramm. Das entspricht rund 0,20
Euro/kWh – noch ohne Berücksichtigung von Importkosten, Energieverlusten oder weiteren Preisbestandteilen. Daher dürften die tatsächlichen Gesamtkosten voraussichtlich deutlich höher ausfallen.
Zum Vergleich: Erdgas liegt am Spotmarkt derzeit bei unter 0,04
Euro/kWh, grauer Wasserstoff wird aktuell für etwa 0,09
Euro/kWh (entspricht rund 3,10 Euro pro Kilogramm) erzeugt.
Die Bundesnetzagentur knüpft ihren Vorschlag an ein im Jahr 2024 veröffentlichtes Regulierungskonzept mit dem Titel „WANDA“. Die Abkürzung steht für „Wasserstoff-Netzentgelt- und Amortisationsregelung“ und bezeichnet die Einführung eines bundeseinheitlichen Startentgelts mit einem längerfristigen Refinanzierungsmechanismus. Ziel ist es, den Netzzugang zu vereinheitlichen und Planungssicherheit für Betreiber und Nutzer zu schaffen.
Zu starke Anlehnung an den etablierten ErdgasmarktAus Sicht der Industrie fehlt es jedoch an Flexibilität. Das Hochlauf-Entgelt sei stark an die Logik des etablierten Erdgasmarkts angelehnt – mit hoher Auslastung, standardisierten Transportpfaden und vielen Marktakteuren. Auf den noch jungen Wasserstoffmarkt mit meist bilateralen Verträgen lasse sich dieses Modell nicht sinnvoll übertragen.
Der Vorschlag des VIK und VCI: Das Hochlaufentgelt solle auf ein investitionsfreundliches Niveau sinken – etwa durch Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt oder durch gestreckte Abschreibungszeiträume für Netzinvestitionen.
Alternativ sei ein Entgeltpfad denkbar, der mit niedrigen Sätzen beginnt und später ansteigt. Zudem müssten Speicher vor doppelten Entgelten bewahrt werden, um ihre Rolle für Versorgungssicherheit und Netzflexibilität zu stärken.
Die beiden Verbände befürchten, dass ohne eine Anpassung der Netzentgelte zentrale industrielle Großprojekte verzögert oder gestrichen werden. Sie betonen, dass eine faire, transparente und marktfähige Entgeltstruktur entscheidend ist, damit Wasserstoff in industriellen Anwendungen wettbewerbsfähig wird – und damit die Dekarbonisierung des Industriestandorts Deutschland gelingt.
Die
„Gemeinsame Stellungnahme von VIK und VCI zum Hochlaufentgelt für das Wasserstoff-Kernnetz (GBK-24-02-2#4)“ ist auf der Internetseite des VIK einsehbar.
// VON Davina Spohn WENIGER