Die Strompreise für mittelgroße Industriebetriebe mit einem jährlichen Bedarf zwischen 0,5 und 2
GWh sowie für energieintensive Unternehmen mit 70 bis 150
GWh lagen in Österreich in den vergangenen beiden Jahren unter anderem wegen der hohen Erdgaspreise über dem EU-weiten Durchschnitt. Für die Wettbewerbsfähigkeit der Firmen war dies jedoch von eher untergeordneter Bedeutung. Das sind die Kernaussagen einer Studie des Beratungsunternehmens Prognos im Auftrag des Elektrizitätswirtschaftsverbands Oesterreichs Energie.
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Präsentiert wurde diese am 14.
Mai vom Präsidenten des Verbands und Generaldirektor des Stromkonzerns Verbund, Michael Strugl, sowie Generalsekretärin Barbara Schmidt in Wien. Schmidt betonte sinngemäß, die E-Wirtschaft nehme die oft geäußerte Kritik an den hohen Strompreisen für die Wirtschaft ernst. Sie wolle zu einem „starken Standort“ beitragen, ebenso aber zu einer sachlichen Diskussion, wozu die Studie diene.
Andere Kostenfaktoren für Unternehmen viel bedeutsamerLaut deren Autor Sven Kreidelmeyer liegen die Stromkosten im Durchschnitt der gesamten österreichischen Industrie auf einem Niveau, das rund 0,9
Prozent ihres Umsatzes entspricht. In einzelnen Branchen sind diese Werte allerdings beträchtlich höher, etwa in der Chemieindustrie mit 3,0
Prozent, der Papier- und der Zementindustrie mit jeweils 2,7
Prozent sowie im Metallsektor mit 1,8
Prozent. Andere Kostenfaktoren sind laut Kreidelmeyer jedoch erheblich bedeutsamer: Die Personalkosten etwa beliefen sich im industrieweiten Durchschnitt auf etwa 19
Prozent der Höhe der Umsätze.
Zu unterschätzen seien die Aufwendungen der Industrie für elektrische Energie dennoch nicht, warnte Kreidelmeyer. Dies gelte insbesondere, weil Staaten wie Deutschland, mit deren Unternehmen Österreichs Industrie im Wettbewerb stehe, energiepolitische Entlastungsmaßnahmen planten. Vorgesehen sei unter anderem die Einführung eines Industriestrompreises. Hinzu komme, dass mit der zunehmenden Elektrifizierung zum Zweck der Senkung der CO2-Emissionen mit tendenziell steigenden Stromkosten zu rechnen sei. Diesen Entwicklungen müsse die österreichische Politik gegensteuern.
„Stromkosten-Ausgleichsgesetz“ sinnvollAls kurzfristig sinnvollste Maßnahme erachtet Prognos die sogenannte Strompreiskompensation, die in Österreich in Form des „Stromkosten-Ausgleichsgesetzes“ (SAG) bis Jahresbeginn galt. Sie ersetzte energieintensiven Unternehmen die Kosten für CO2-Zertifikate, die ihnen die Stromversorger weiterverrechneten. Laut Kreidelmeyer wäre es sinnvoll, das SAG wieder einzuführen – eine Forderung, die Industrieverbände bereits seit Monaten erheben.
Das Problem: Schon vor mehreren Wochen bekundete die für Energie zuständige Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium (BMWET), Elisabeth Zehetner (Österreichische Volkspartei / ÖVP, konservativ), infolge der Budgetkrise stünden die für das SAG notwendigen rund 230
Millionen Euro pro Jahr nicht zur Verfügung.
Auf den entsprechenden Hinweis der Redaktion konstatierte E-Wirtschafts-Präsident Strugl, er habe Verständnis für die Position Zehetners. Denke die Bundesregierung aus der ÖVP, den Sozialdemokraten (SPÖ) und den Liberalen (Neos) jedoch darüber nach, die Energiekosten für die Industrie einzudämmen, „dann wäre das SAG trotz des engen budgetären Spielraums zu priorisieren“.
„Erneuerbare“ ausbauenAuf lange Sicht ist es laut Kreidelmeyer und Strugl notwendig, bevorzugt erneuerbare Energien zur Stromerzeugung einzusetzen. Damit sinke die Bedeutung von Preisentwicklungen bei fossilen Energieträgern, insbesondere Erdgas. Diese hätten in den vergangenen Jahren maßgeblich zum Anstieg der Großhandelspreise für Strom und in der Folge zu höheren Preisen für die Endkunden beigetragen.
Strugl ergänzte, Erdgas werde auch künftig zur Verstromung benötigt. Daher sei es wichtig, die Möglichkeit von Importen weiter zu gewährleisten. Zur Frage der Redaktion, wie in diesem Zusammenhang der Vorschlag der EU-Kommission zu beurteilen ist, Gasimporte aus Russland ab Ende 2027 vollständig zu verbieten, beschied Strugl, es gehe um eine „kluge und koordinierte Beschaffungspolitik“. Europa habe seit 2021/22 insbesondere mit dem russischen Angriff auf die Ukraine einen „Paradigmenwechsel“ hinsichtlich seiner Gasversorgung erlebt.
Strugl fügte hinzu, die E-Wirtschaft bekenne sich zur Entlastung der Industrie und sehe sich als „Teil der Lösung“ des Problems der Energiekosten. Mit der „Übergewinnsteuer“, anders gesagt, dem „Energiekrisenbetrag Strom“, trage die Branche 200
Millionen Euro pro Jahr zur Budgetsanierung bei. Ferner investiere sie „Milliardenbeträge“ in Kraftwerke und Netze, um das Angebot an elektrischer Energie zu erhöhen und damit die Stromkosten dauerhaft zu senken. „Allerdings brauchen wir unsere Erlöse, um investieren zu können“, resümierte Strugl.
// VON Klaus Fischer WENIGER