RECHT. Das Seekabel vom Windpark Riffgat zur Gasplattform vor Borkum kann aus wasserschutzrechtlicher Sicht nach einem Urteil verlegt werden. Doch die naturschutzrechtliche Genehmigung fehlt.
Sieg im Rechtsstreit um das Seekabel zur Erdgasförderplattform vor Borkum für den niederländischen Energiekonzern One-Dyas: Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat dessen Rechtsschutzantrag stattgegeben und die „Vollziehbarkeit der wasserrechtlichen Genehmigung“ für das Stromkabel angeordnet (Az.: 1
B
2570/25). Das Gericht weist darauf hin, dass zudem „eine eigenständige naturschutzrechtliche Zulassung erteilt werden“ müsse.
// VON Manfred Fischer MEHR...
Dem Gas- und Ölexplorationsunternehmen fehlt noch eine Befreiung nach Paragraf 67, Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG). Die 1.
Kammer des Verwaltungsgerichts erachtet dies, wie es in einer Mitteilung der Justizbehörde heißt, als „das Trägerverfahren für die weitere Prüfung der Eingriffsregelung“. Konkret geht es um den „Eingriff in Natur und Landschaft“, der sich aus der Trassenführung durch gesetzlich geschützte Biotope nach Paragraf 30 des BNatSchG – insbesondere den Biotoptyp „Steiniges Riff des Sublitorals“ und den „Lebensraumtyp 1170“ nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ( FFH-LRT „Riffe“) – ergebe.
Umweltschützer wollen rechtliche Mittel ausschöpfenDas juristische Gezerre reicht zurück auf die wasserrechtliche Genehmigung des Seekabels durch den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz vom Oktober 2022. Gegner des Energiekonzerns ist die Deutsche Umwelthilfe. Die DUH erhob im Juli 2024 Klage, zudem reichte sie Rechtsbehelfe gegen zwei naturschutzrechtliche Befreiungen ein.
Die niedersächsische Landesbehörde hatte 2022 die „Wirksamkeit“ der Befreiungen von der „Vollziehbarkeit“ der wasserrechtlichen Genehmigung abhängig gemacht. Die 5.
Kammer des Oldenburger Verwaltungsgerichts war aber 2024 zu der Auffassung gelangt, die Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung, die im Rahmen des wasserrechtlichen Verfahrens zu prüfen sei, würden nicht eingehalten. One-Dyas hatte daraufhin eine „Änderungsgenehmigung“ beantragt.
Ein Gericht, zwei Kammern, unterschiedliche SichtweisenDie Wasserwirtschaftsbehörde erteilte im März 2025 diese Genehmigung, erklärte sie allerdings „nicht für sofort vollziehbar“. Begründung: Der gerichtliche Beschluss der 5.
Verwaltungskammer stehe dem entgegen. Die inzwischen zuständige 1.
Kammer hat nun den Beschluss der 5
Kammer geändert und die sofortige Vollziehung der Änderungsgenehmigung vom März angeordnet. Und dabei, wie es die DUH formuliert, die naturschutzfachliche Befreiung „ausgeklammert“.
„Wir werden weiter alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um den Bau des Seekabels zu verhindern“, betont der Bundesgeschäftsführer der DUH, Sascha Müller-Kraenner, in einer Pressemitteilung. Der Bau des Kabels sei weiterhin nicht möglich, kommentiert er die Gerichtsentscheidung.
Unterstützung erhält die Organisation von der Stadt. „Noch ist es Zeit, die Schaffung unumkehrbarer Fakten durch One-Dyas zu verhindern“, wird Borkums Bürgermeister, Jürgen Akkermann, zitiert.
Gasgeschäft mit weniger Treibhausgas-EmissionenOne-Dyas will über das Seekabel Strom für seine rund 20
Kilometer vor Borkum installierte Erdgasförderplattform N05-A beziehen. Der Strom soll vom Windpark Riffgat kommen, das Kabel eine Länge von acht Kilometern haben. Eigentümer des Windparks, der seit 2014 in Betrieb ist, ist das Oldenburger Energieunternehmen EWE.
Jörg Buddenberg, Berater des Vorstandes und Leiter des Center Offshore der EWE-Aktiengesellschaft, wies bei einer Veranstaltung der Organisation „Forum für Zukunftsenergien“ auf den Klimaschutz durch den Grünstrom hin. Durch diese Art der Elektrifizierung der N05-A-Plattform, die EWE und One-Dyas mit einem Power Purchase Agreement realisieren werden, würden zusätzliche 85
Prozent weniger Treibhausgas emittiert, erklärte er laut Pressemitteilung der Veranstalter.
Der Chef von One-Dyas, Chris de Ruyter van Steveninck, prognostizierte bei dieser Veranstaltung, dass Europa, aber vor allem Deutschland und die Niederlande noch etwa zwei Dekaden benötigen, um sich von den Fossilen zu emanzipieren. Das potenzielle Fördervolumen bezifferte er laut Mitteilung auf 50 bis 60 Milliarden Kubikmeter Gas, die zu gleichen Teilen nach Deutschland und die Niederlande geliefert werden sollen.
// VON Manfred Fischer WENIGER