Nicht weiter kommentieren will der österreichische Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV die Umstände des Verkaufs seines Fünf-Prozent-Anteils an der Ghasha-Konzession in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAR) an die Lukoil Gulf Upstream L.L.C. S.P.C., ein Tochterunternehmen des russischen Öl- und Gaskonzerns Lukoil. Die Konzession betrifft eines der derzeit größten Projekte zur Entwicklung von Offshore-Öl- und Gasfeldern im Persischen Golf.
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Laut einer Mitteilung der OMV belief sich der Verkaufspreis auf rund 594
Millionen US-Dollar (523,5
Millionen Euro) abzüglich einer Transaktionsgebühr von umgerechnet 88,1
Millionen Euro. Auf die Bitte der Redaktion um Erläuterungen zu den Zahlungsabwicklungen teilte die OMV mit, sie habe in ihrer Aussendung vom 30. Mai alles gesagt, was sie zu sagen hatte: „Darüber hinaus kommentieren wir den Sachverhalt nicht weiter. Beste Grüße.“
Lukoil nicht auf der EU-SanktionslisteRechtlich gesehen, ist die Transaktion kein Problem: Anders als etwa den staatlichen russischen Gaskonzern Gazprom hat die EU die im Privateigentum befindliche Lukoil bislang nicht auf ihre Sanktionsliste gesetzt. Somit hat die Lukoil nach wie vor auch Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten. Keinen Abbruch tut dem, dass die USA und Großbritannen das Unternehmen sehr wohl mit Sanktionen belegt haben.
Lukoil hielt bereits seit Oktober 2019 einen Anteil von 5
Prozent an Ghasha und stockte diesen nun auf 10
Prozent auf. Bemerkenswert ist: Für ihren seinerzeitigen Einstieg hatte sie umgerechnet rund 188,6
Millionen Euro bezahlt. Der fünfprozentige OMV-Anteil war ihr nun das 2,8-Fache wert.
Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die Lukoil einen Umsatz von rund 90
Milliarden Euro, knapp 9
Prozent mehr als 2023. Allerdings sank ihr Nettogewinn um 26,3
Prozent auf 8,9
Milliarden Euro. Russische Analysten bezeichneten dieses Ergebnis angesichts des wirtschaftlichen Umfelds als „anständig“.
Laut ihrem Jahresbericht förderte die Lukoil 2024 täglich rund 2,2
Millionen Barrel Erdöleinheiten, um 2,8
Prozent weniger als 2023. Ihre Öl- und Gaskondensatproduktion sank um 2,8
Prozent auf 1,7
Millionen Barrel, ihre Gasproduktion um 2,6 Prozent auf 552.000
Barrel.
Die Ghasha-Konzession umfasst insgesamt acht Felder. Außer Ghasha selbst handelt es sich um Hail, Dalma, Nasr, Satah al Razboo, Bu Haseer, Shuweihat und Mubarraz. Sie liegen alle etwa 40
Kilometer westlich von Abu Dhabi in Wassertiefen bis zu 24
Metern. Vergeben wurde die Konzession im November 2018 auf 40 Jahre. Geplant ist, täglich 378.000
Barrel Erdgas und 120.000
Barrel Erdöl sowie Gaskondensate zu fördern.
Großprojekt mit acht Feldern Der größte Konzessionsnehmer ist die staatliche Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) mit 55 Prozent. Sie traf im Herbst 2023 die endgültige Investitionsentscheidung bezüglich der Felder Ghasha und Hail. Weitere Anteilseigner sind die italienische Eni mit 25
Prozent, die thailändische PTTEP mit 10
Prozent und die Lukoil mit nun ebenfalls 10
Prozent. Die PTTEP erwarb ihren Anteil zum 11. Juni 2024 von der Wintershall Dea.
Die Adnoc preist das Vorhaben in den höchsten Tönen. Erstmals werde eine Offshore-Förderung von Kohlenwasserstoffen vollautomatisch betrieben. Zum Einsatz kämen Roboter und Drohnen, die von einer Zentrale in Al Manayif in der Stadt Dubai gesteuert würden. Überdies werde auch künstliche Intelligenz angewandt.
Gefördert wird übrigens „ultrasaures“ Erdgas mit einem Schwefelwasserstoffanteil von rund 20
Prozent sowie einem Kohlendioxidanteil von etwa 10
Prozent. „Saures“ sowie „ultrasaures“ Erdgas sind die im arabischen Raum am häufigsten vorkommenden Gassorten. Ihre Aufbereitung gilt als technisch anspruchsvoll, aber mit heutigen Mitteln gut beherrschbar.
Jährlich möchte die Adnoc 1,5
Millionen Tonnen CO2 abscheiden und in untermeerischen Gesteinsformationen lagern. Damit soll die Förderung in Ghasha klimaneutral erfolgen.
Umweltschutzorganisationen wiesen in den vergangenen Jahren mehrfach darauf hin, dass die Ghasha-Konzession Gebiete im Biosphärenreservat Marawah umfasst, das von der UNESCO anerkannt ist. Dort finden sich unter anderem Korallenriffe, Seegrasfelder und Mangroven. Überdies gilt das Reservat als Heimat der zweitgrößten Population der Welt an Seekühen.
// VON Klaus Fischer WENIGER