Am 11. Juni hat das Bundesfinanzministerium (BMF) den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Infrastruktur und Klimaneutralität“ (SVIKG) in den Gesetzgebungsprozess gegeben. Die Kabinettsbefassung ist für den 24. Juni vorgesehen. Das Sondervermögen soll zusätzliche Investitionen von bis zu 500 Milliarden Euro bis 2036 ermöglichen. Es basiert auf einer Grundgesetzänderung, die im März beschlossen wurde.
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Von den vorgesehenen Mitteln sind jeweils 100 Milliarden Euro für Investitionen der Bundesländer und für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) vorgesehen. Übergeordnetes Ziel sei die Klimaneutralität bis 2045. Die für die Bundesländer vorgesehenen 100 Milliarden Euro sollen auf Basis des Königsteiner Schlüssels verteilt werden.
Mindestens 60 Prozent der Mittel in Flächenländern sollen den Kommunen zugutekommen. Ein konkreter Wirtschaftsplan liegt dem Entwurf noch nicht bei. Dieser soll dem Gesetz später als Anlage hinzugefügt werden. Interessierte konnten bis zum 11. Juni Stellungnahmen einreichen, wovon viele Verbände Gebrauch machten.
VKU fordert Investitionssicherheit Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßt das Gesetz grundsätzlich. Zugleich mahnt der Verband zügige Entscheidungen zur Mittelverwendung an. Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing erklärte in Berlin: „Die kommunalen Unternehmen als Rückgrat der Daseinsvorsorge brauchen Investitionssicherheit.“
Laut VKU sind bis 2030 allein für die Energiewende rund 721 Milliarden Euro Investitionen nötig, bis 2045 weitere 800 Milliarden Euro für die Wasser- und Abwasserinfrastruktur. Der Verband fordert, dass die Wasserwirtschaft im Gesetz ausdrücklich berücksichtigt wird. Besonders dringlich sei die Förderung von Fernwärmenetzen. Dafür fordert der VKU jährlich mindestens 3,5 Milliarden Euro aus dem KTF.
Der Wirtschaftsplan müsse schnell veröffentlicht und kommentierbar gemacht werden. Liebing warnt zudem vor einer Zweckentfremdung der Mittel, etwa zur allgemeinen Strompreissenkung. Das Sondervermögen sei „für Fortschritt gedacht, kein Notgroschen für den Finanzminister“.
BDEW pocht auf ZweckbindungAuch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) befürwortet das Sondervermögen als Beitrag zur Erreichung der Klimaziele. Die Mittel müssten jedoch strikt in Infrastrukturprojekte fließen. Konsumtive Ausgaben oder Entlastungsmaßnahmen, etwa bei Energiepreisen, seien über den regulären Bundeshaushalt zu finanzieren, so der Verband.
Der BDEW fordert zudem, dass Haushaltstitel, die in den KTF überführt werden, mit entsprechenden Deckungssummen ausgestattet werden, um eine Überbindung der Mittel durch bestehende Projekte zu vermeiden. Der Verband schlägt vor, Länderbürgschaften einzusetzen, um die Eigenkapitaldecke kleiner und mittlerer Unternehmen zu stärken. Dies solle helfen, Kredite zu besseren Konditionen zu erhalten und langfristig Wärmepreise zu stabilisieren.
Die Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW), die im KTF verortet ist, müsse laut BDEW auf mindestens 3,5 Milliarden Euro jährlich aufgestockt werden. Diese Fördermittel seien weder mit kommunalen Investitionen gleichzusetzen, noch auf diese zu begrenzen.
BEE verlangt mehr Geld für EnergiewendeDer Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) begrüßt den Entwurf, kritisiert jedoch die unklare Begriffswahl. Begriffe wie „Energieinfrastruktur“ oder „Digitalisierung“ seien zu allgemein, um eine gezielte Mittelverwendung zu gewährleisten. Laut BEE-Präsidentin Simone Peter brauche es ein modernes Verständnis von Wirtschaftlichkeit, das auch Klimafolgekosten und industrielle Transformation berücksichtigt.
Positiv bewertet der Verband, dass die KTF-Zuschüsse in zehn statt zwölf Jahren ausgezahlt werden sollen. Zugleich mahnt der BEE an, dass 10 Milliarden Euro jährlich nicht ausreichen würden, um die vollständige Transformation in Strom, Wärme und Mobilität zu finanzieren. Investitionen müssten auch Schlüsselindustrien wie Wasserstoff- und Grüngastechnologien berücksichtigen.
Neun Umweltverbände, darunter der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Greenpeace und die Deutsche Umwelthilfe (DUH), verlangen in einem gemeinsamen Papier eine konsequente Ausrichtung des Sondervermögens auf den Klimaschutz. Gelder müssten gezielt für klimafreundliche Projekte wie Wärmenetze, Gebäudesanierung oder öffentlichen Verkehr eingesetzt werden.
Projekte mit negativen Klimaeffekten wie neue Gaskraftwerke oder Straßenbau sollten nicht aus dem SVIKG finanziert werden. Zudem fordern die Organisationen eine Reform der Schuldenbremse, um künftig mehr staatliche Investitionen in Klimaschutz zu ermöglichen.
// VON Susanne Harmsen WENIGER