Der Ausbau des europäischen Wasserstoffnetzes wird den Bedarf bis 2030 nur teilweise decken. Das geht aus dem ersten Entwicklungsplan (TYNDP) für das Wasserstoffnetz hervor, den die Dachorganisation der Übertragungsnetzbetreiber, Entso-G, in dieser Woche veröffentlicht hat. Ausgangspunkt der Analyse sind die absehbar geplanten Projekte von allgemeinem und bilateralem Interesse (PCI/PMI), die bis 2030 und bis 2040 realisiert werden sollen. Das Wasserstoffleitungsnetz wird bis 2030 lückenhaft bleiben.
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Einzelne Regionen der EU werden auch in fünf Jahren noch nicht mit dem Kernnetz verbunden sein. Das betrifft vor allem Länder an den Rändern der Union wie Ungarn, Rumänien, Slowenien und die Slowakei, Inseln wie Irland, Malta und Zypern sowie den Südwesten Frankreichs. Bedeutende Speicherkapazitäten für Wasserstoff werden bis 2030 nur in Dänemark, Deutschland, Frankreich, Spanien und in den Niederlanden verfügbar sein.
Belgien, Frankreich, Deutschland und die Niederlande können 2030 pro Tag voraussichtlich 194
Millionen kWh flüssigen Wasserstoff auf dem Seeweg importieren. Die Kapazitäten dafür sollen bis 2040 mehr als verdoppelt werden auf 486
Millionen kWh. Hinzu kämen bis 2040 Importmöglichkeiten über Pipelines von 1,2
Milliarden kWh/Tag über Italien (aus Algerien), Spanien (aus Marokko), Deutschland (aus Norwegen) und der Slowakei (aus der Ukraine).
Insgesamt kann die Infrastruktur im Jahr 2030 ein Angebot von 568
Milliarden kWh zur Verfügung stellen: Entso-G geht davon aus, dass 2030 in der EU 310
Milliarden kWh Wasserstoff durch Elektrolyse und 229
Milliarden kWh aus Erdgas hergestellt werden. Die Importe würden sich auf 29
Milliarden kWh belaufen. Dem stehe eine Nachfrage von 620
Milliarden kWh gegenüber. Größte Hersteller von Elektrolyse-Wasserstoff sind Spanien (89
Millionen kWh pro Jahr), Schweden und Deutschland (jeweils 36
Millionen kWh). Der meiste Wasserstoff aus Erdgas käme aus den Niederlanden (42
Millionen
kWh) und Deutschland (41
Millionen
kWh).
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Tom Weingärtner Quelle: E&M |
Für 2040 erwartet Entso-G ein Angebot von 1,6 Billionen kWh (Elektrolyse: rund 1,1 Billionen kWh, Erdgas: 162
Milliarden kWh, Importe: 399
Milliarden kWh) und eine Nachfrage von 1,9 Billionen kWh (davon 77
Milliarden kWh für Kraftwerke). Wichtigster Anbieter von Elektrolyse-Wasserstoff bleibt Spanien mit 171
Millionen kWh, der meiste Wasserstoff aus Erdgas kommt weiter aus Deutschland mit 38
Millionen kWh. Importe von 144
Millionen kWh erwartet Entso-G aus Algerien. Der algerische Wasserstoff stünde vor allem dem italienischen, dem österreichischen und dem deutschen Markt zur Verfügung. 18
Millionen kWh aus Marokko gehen nach Spanien und Portugal. 120
Millionen kWh können von Norwegen nach Deutschland importiert werden. Hinzu kämen 83 Millionen kWh über den Seeweg.
Engpässe im Wasserstoff-Übertragungsnetz absehbarInsgesamt leisteten die geplanten Infrastrukturprojekte zwar einen wichtigen Beitrag, um den Wasserstoffbedarf im kommenden Jahrzehnt zu decken, heißt es in dem Bericht von Entso-G. Es gebe aber weiter Engpässe im Wasserstoff-Übertragungsnetz, und einzelne Regionen blieben isoliert. Der weitere Ausbau bis 2040 führe aber zu einer signifikant höheren Auslastung und beträchtlich höheren Skalenerträgen. Die Wirtschaftlichkeit des Übertragungsnetzes könne außerdem erheblich verbessert werden, wenn auch bislang als nachrangig eingestufte Projekte, insbesondere zur Anbindung isolierter Regionen, realisiert würden.
Erdgas verliert zwar in den kommenden 15 Jahren an Bedeutung, bleibt aber der bedeutendere Energieträger, auch wenn ein Teil durch den Einsatz von Biomethan ersetzt wird. 2030 erwartet Entso-G einen Importbedarf von rund 3,1
Billionen kWh (282
bcm), der sich bis 2040 mehr als halbiert auf gut 1,4
Billionen kWh (128
bcm).
Biomethan gewinnt zwar als erneuerbare Energiequelle weiter an Bedeutung, bleibt aber mit 11
bcm auch 2030 nur von marginaler Bedeutung und weit hinter dem von der EU anvisierten Ziel von 35
bcm zurück.
Die Versorgung mit Erdgas wäre in den meisten EU-Staaten auch dann nicht gefährdet, wenn selbst bei hoher Nachfrage eine wichtige Lieferquelle ausfallen würde. Bei dieser Simulation kommt Entso-G ohne russisches Erdgas aus. Lediglich Länder an den Rändern der Union (Schweden, Finnland) müssten ihren Verbrauch einschränken. Malta und Zypern, die nur über einen einzigen Interkonnektor verfügen, könnten den Ausfall nicht kompensieren. In allen anderen Ländern wäre die Versorgung auch unter ungünstigen Bedingungen über Ersatzleitungen und in Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten gesichert. Dazu trage auch das steigende Angebot an Biomethan und der allgemeine Rückgang der Nachfrage bei.
// VON Tom Weingärtner WENIGER