BILANZ. Mit der Empfehlung des höchsten Gewinns der Unternehmensgeschichte geht Thomas Perkmann in die Bewerbungsgespräche für eine weitere Amtszeit als CEO der Westfalen AG aus Münster.
Die Westfalen AG hat 2024 so viel Gewinn gemacht wie nie zuvor. Das mittelständische Familienunternehmen aus dem westfälischen Münster weist ein Ebit von 103,5 Millionen Euro aus, gegenüber 73,5 Millionen Euro im Jahr 2023.
// VON Volker Stephan MEHR...
Zwar fällt rund ein Viertel des Ergebnisses auf einen Grundstücksverkauf, „aber auch ohne diesen Einmaleffekt hätten wir das Rekordergebnis erzielt“, so Vorstandschef Thomas Perkmann bei der Vorstellung der Zahlen am 8. Juli vor einer Medienrunde. Auch nach Steuern bleibt den Westfalen ein satter Gewinn von 71,1 Millionen Euro (zuvor: 53,3 Millionen Euro) aus dem 101. Jahr des Bestehens.
Für Thomas Perkmann, seit 2018 im Amt und zugleich der erste nicht zur Eigentümerfamilie Fritsch-Albert gehörende CEO, könnte das Bewerbungsschreiben schlechter ausfallen. Sein aktueller Kontrakt läuft Ende 2026 aus,
Gespräche über eine Verlängerung gebe es noch nicht, so Perkmann auf Nachfrage dieser Redaktion.
Unternehmen setzt sich ambitioniertere KlimazieleDa das Wachstum und der Wandel des Gase- und Kraftstoff-Unternehmens zu einem klimaneutralen Wirtschaften stark Perkmanns Handschrift trägt, würde eine Trennung mehr als überraschen. Der CEO stellte folgerichtig die „grüne Transformation“ in den Mittelpunkt seiner Analyse. Mittlerweile stammten nahezu 50 Prozent des Ebits aus dem „potenziell emissionsarmen Geschäft“.
Die Westfalen AG mache bedeutsame Schritte zu mehr Klimaschutz, „während Großkonzerne ihre Ziele gestrichen haben“, so Thomas Perkmann. Weil die eigenen Emissionen und die zugekaufte Energie (Scope 1 und 2) bereits jetzt so stark gegenüber 2019 reduziert seien (minus 67 Prozent), taugen die alten Vorgaben nicht länger. Bis 2030 wollten die Münsteraner hier ihre Emissionen eigentlich „nur“ halbieren. Die neuen Klimaziele habe der Aufsichtsrat nun abgesegnet. Danach sollen die Bereiche Scope 1 und 2 sogar netto Null erreichen.
Komplizierter ist der Bereich 3, der die Ökobilanz der verkauften Produkte in den Blick nimmt. Hier wiegt die Hypothek von Kraftstoffen und Gasen (Propan), die beim Verbrennen CO2 emittieren, schwer. Westfalen will sich in diesem Bereich um die Hälfte verbessern. Als Kennzahl gilt hier, wie viele Kilogramm CO2 je Euro des Ebits anfallen. Gegenüber dem Basisjahr 2019 mit 63,4 kg will das Unternehmen 2030 nur noch 31,7 kg je Euro Ebit verursachen.
Bis 2030 nur „eine Handvoll“ Elektrolyseure möglichDer Umsatz der Westfalen AG sank aufgrund gefallener Energie- und Kraftstoffpreise um etwa 100.000
Euro leicht auf 2,15 Milliarden Euro. Für das 2024er Ergebnis sorgten rund 2.270 Mitarbeitende - das sind etwa 90 Menschen mehr als ein Jahr zuvor.
Geht es nach den Münsteranern, die inzwischen in fünf Nachbarstaaten tätig sind, müsste es in Deutschland weniger Wachstumsbremsen geben. Statt in Deutschland Elektrolyseure wie geplant zu Dutzenden neu zu installieren, werde es bis 2030 vermutlich nur auf „eine Handvoll“ hinauslaufen, so der CEO.
Auch weil der Hochlauf des Wasserstoffs wegen unklarer Rahmenbedingungen und hoher Preise noch auf sich warten lasse, hat das Unternehmen zuletzt weniger Investitionen getätigt, „als wir gewollt und wirtschaftlich gekonnt hätten“, so Perkmann. Die Ausgaben fielen um 30 Millionen Euro gegenüber 2023 auf 69,2 Millionen Euro. Das ist der geringste Wert in den 2020er-Jahren, die anno 2022 den Höchstbetrag von 106,1 Millionen Euro erreicht hatten.
Die Vorgabe, bis 2030 insgesamt 500 Millionen Euro in die Hand nehmen zu wollen, gelte laut Perkmann aber nach wie vor. Ein Großteil des Geldes werde das Unternehmen aber andernorts ausgeben: „Wir investieren signifikant im Ausland.“
Wärmepumpen-Geschäft noch hinter den ErwartungenBei den emissionsarmen Geschäftsfeldern sieht Westfalen sich im Bereich Elektromobilität auf einem guten Weg. Das Unternehmen verfügt derzeit über 600 Ladepunkte zwischen Pinneberg bei Hamburg im Norden und Nordhessen. Dabei handelt es sich in knapp 100 Fällen um Schnellladepunkte, zehn weitere plant Westfalen bis Ende 2025.
Beim schnellen Laden geht Thomas Perkmann auch dauerhaft von rentablen (hohen) Preisen je kWh aus, weil die Kunden „ihre Zahlungsbereitschaft über den Zeitgewinn“ dokumentieren würden. Heißt: Schneller nachzuladen als an langsamen (Haus-)Anschlüssen habe einen Mehrwert, für den E-Mobilisten auch tiefer in die Tasche greifen würden.
Ein weiteres Zukunftsfeld hat die Westfalen AG in der strombasierten Wärme – als Alternative zu Erdgas – für sich entdeckt. Dafür hatte das Unternehmen zunächst 2023 den Installationsbetrieb NGC Tec mit 130 Mitarbeitenden übernommen und jüngst im Juli auch eine 49-Prozent-Beteiligung an der Oberhausener Fernwärme- und Kesseltechnik (FKT) erworben.
Im neuen Wärme-Bereich liege das Geschäft „deutlich hinter den
Erwartungen zurück“, so Perkmann. Einen Teil der Schuld sieht er in
Berlin, wo die Parteien mit dem Streit um das Gebäudeenergiegesetz für Unsicherheit bei den Verbrauchern gesorgt hätten. Dadurch sei die Wärmepumpe, in seinen Augen die „überzeugendste Lösung“ für das Heizen der Zukunft, zu Unrecht in Misskredit geraten.
// VON Volker Stephan WENIGER