WINDKRAFT OFFSHORE.
Seit 2023 vergibt Deutschland neue Windparkflächen auf See faktisch nach Zahlungsbereitschaft. Die Offshorewind-Verbände wollen eine Rückkehr zu etwas modernisierten Subventionen.
Angesichts von Problemen in der Lieferkette und einer als Investitionsbremse empfundenen Art und Weise, Meeresflächen an Windpark-Projektierer zu vergeben, fordern sechs Verbände der Offshorewind-Branche von der Bundesregierung, noch in diesem Jahr ein neues Ausschreibungsdesign auf Basis von Subventionen. Würde die schwarz-rote Koalition das drei Jahre alte Ausschreibungsdesign für Windenergieanlagen tatsächlich in diesem Jahr noch anfassen, wäre die Änderung noch rechtzeitig für die nächste Runde am 1.
Juni 2026.
// VON Georg Eble
MEHR...
Seit 2023 werden neue Offshore-Windparkflächen faktisch nicht mehr an die Bieter vergeben, die für die Stromeinspeisung am wenigsten Subventionen verlangen, sondern im Gegenteil am meisten für Besitz, Baurecht und Netzanschluss zu zahlen bereit sind. Was im Juni 2023 dem Staat noch 12,6
Milliarden Euro zweckgebundene Mittel für 7.000
MW einbrachte, spülte im Juni 2025 nur noch 180
Millionen Euro für zu bezuschlagende 1.000
MW ein. Der aktuelle Zuschlag ging an Total, zwei Jahre zuvor waren verschiedene Flächen an Total und an BP, einen weiteren Ölkonzern, gegangen.
Die sinkende Zahlungsbereitschaft ist für die Offshore-Lobby Beweis genug dafür, dass Deutschland die potenziellen Investoren einem „ungesunden Maß an Risiken“ aussetzt, heißt es in der gemeinsamen Mitteilung. Als Beispiel nennen die Verbände, dass der aktuelle Bieter Total erstmals die erhaltene Nordsee-Fläche N-9.4 um 10 bis 20
Prozent „überbauen“ muss. Das heißt in dem Zusammenhang: 1.000
MW Netzanschluss sind bezuschlagt, aber 1.100 bis 1.200
MW müssen installiert werden. Die Branche fürchtet, dass ein Windrad dem anderen Wind wegnimmt, wenn die Anlagen zu dicht aneinander errichtet werden. „Abschattungseffekt“ nennt sich dies. Der organisierte Offshorewind ist nicht grundsätzlich gegen „Überbauung“, fordert aber, das Maß dem Stromvermarktungsinteresse des Projektierers zu überlassen.
Differenzverträge und IndustriepolitikDie wichtigste Forderung ist aber die nach Subventionen oder, wie es schöner heißt, „nachhaltigen Erlösstrukturen“. Die Verbände wollen eine Umstellung der beiden Offshore-Ausschreibungen jährlich auf Differenzverträge (CfD). Was das hier konkret bedeutet, bleibt unklar. Es könnte die Rückkehr zu gesetzlichen, kostenorientierten Einspeisevergütungen gemeint sein oder aber auch eine Rückwärtsauktion der CfD-Zuschlagswerte, die den Staat am günstigsten kommen. Der Unterschied zum Design vor den Ausschreibungen wäre, dass ein (zweiseitiger) CfD auch Rückzahlungen des Einspeisers an den Staat vorsieht, wenn er am Markt mehr für den Ökostrom erlöst, als ihm garantiert wurde. Auch Dänemark und die Niederlande haben die Rückkehr zu Subventionen angekündigt.
Die zweite Schutzforderung käme den Herstellern von Komponenten und Systemen zugute. Hier fordern die Verbände eine „unbürokratische“, EU-harmonisierte Umsetzung des Net-Zero Industry Act (NZIA), der einen Mix aus Subventionen und Privilegien für heimische Erzeugnisse vorsieht. Eine „industriepolitische Unterstützung europäischer Hersteller ist unerlässlich“, heißt es in dem Appell.
Außerdem wollen die Errichter von Windparks künftig nach Fertigstellung eines Offshore-Netzanschlusses zwölf statt wie bisher sechs Monate Zeit haben, um ihrerseits fertig zu werden. Sie begründen dies mit den größer gewordenen (und im Übrigen küstenferner liegenden) Windpark-Zuschlägen.
Bund soll Infragestellung der 70.000 MW stoppenUnd: Die Bundesregierung solle klarstellen, dass sie am Ausbauziel von 70.000
MW im Jahr 2045 festhält. Manager von Übertragungsnetzbetreibern hatten das Ziel in den vergangenen Monaten als unrealistisch oder nicht aussagekräftig bezeichnet.
Erreicht waren jedenfalls am Ende des ersten Halbjahres 2025 in der deutschen See rund 9.200
MW. Im Bau sind 1.900
MW, der finale Investitionsentscheid (FID) ist über weitere 3.600
MW getroffen, und bezuschlagt sind obendrein 17.500
MW. Das ermittelte die Deutsche Windguard im Auftrag der Verbände BWE, BWO, Wab, Wind Energy Network Rostock, des Fachverbandes VDMA Power Systems und der Denkfabrik Stiftung Offshore-Windenergie.
// VON Georg Eble
WENIGER