Dringenden Handlungsbedarf der Politik hinsichtlich der Finanzierung der Stromnetze sieht das Forum Versorgungssicherheit, in dem fünf ostösterreichische Verteilnetzbetreiber kooperieren. Das betonte der Geschäftsführer der Linz Netz, Johannes Zimmerberger, bei einem Hintergrundgespräch am 11. September. Ihm zufolge sind bis 2030 Investitionen von rund 24
Milliarden Euro in die Verstärkung der Übertragungs- sowie Verteilleitungen nötig, bis 2040 etwa 44
Milliarden Euro.
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Eines der Probleme: Für Erzeugungsanlagen mit weniger als 5
MW Leistung ist derzeit nur das „Netzzutrittsentgelt“ zu bezahlen, das dem Aufwand für die Herstellung des Netzanschlusses dient. Das sogenannte „Netzbereitstellungsentgelt“ zur Abdeckung der Kosten für das vorgelagerte Netz und dessen Ausbau tragen dagegen ausschließlich die Stromverbraucher. Geplant ist, dies mit dem in parlamentarischer Behandlung befindlichen Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) zu ändern.
Die Pikanterie: Der Elekrizitätswirtschaftsverband Oesterreichs Energie, dem die Netzbetreiber sowie deren Muttergesellschaften angehören, spricht sich gegen die Änderung aus. Wie berichtet, befürchtet er Nachteile für die österreichischen Erzeuger im internationalen Wettbewerb und in letzter Konsequenz höhere Stromkosten für die Endkunden.
Darauf angesprochen, teilte Zimmerberger der Redaktion mit, die weitaus meisten Erzeugungsanlagen, die derzeit errichtet werden, hätten eine Leistung von weniger als 5
MW und würden an die Mittel- sowie Niederspannungsebene angeschlossen. Überdies hätten sie aufgrund der von ihren Betreibern meist bezogenen Ökostromförderung keine Anreize für netzdienliches Verhalten. Dem gelte es, über die Verrechnung von Netzbereitstellungsentgelten entgegenzuwirken. Die Kosten würden sich laut Zimmerberger in Grenzen halten: Seinen Erhebungen zufolge hätte ein Vierpersonenhaushalt wie sein eigener mit 3.400
kWh Jahresbedarf sowie einer Wärmepumpe und einer 10-kW-PV-Anlage jährlich mit rund 99
Euro zu rechnen.
Zwecks Netzdienlichkeit wäre aus Sicht der Netzbetreiber überdies zu begrüßen, Photovoltaikanlagen seitens der öffentlichen Hand nur mehr zu fördern, wenn diese mit Batteriespeichern gekoppelt sind, ergänzte Zimmerberger. Dem Vernehmen nach plant die Bundesregierung, mit einer Novelle des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) bis Jahresende eine entsprechende Vorgabe einzuführen.
Verstärkte Leistungskomponente gefragt Ferner wiederholte Zimmerberger bereits bekannte Forderungen der (Verteil-)Netzbetreiber. Darunter ist eine Änderung der Struktur der Netztarife durch Einführung einer verstärkten Leistungskomponente für sämtliche Endkunden. Da die Kunden mittlerweile flächendeckend mit digitalen Strommessgeräten (Smart Metern) ausgestattet sind, wäre es grundsätzlich möglich, die von ihnen benötigte Leistung zu messen und entsprechend zu bepreisen. Dies ist im ElWG vorgesehen. Laut der für die Festlegung der Netztarife zuständigen Regulierungsbehörde E-Control wäre die Einführung der seit 2017 diskutierten neuen Tarifstruktur aufgrund der nötiger Vorlaufzeiten ab 2027 möglich.
Schon mehrfach hatten Zimmerberger und seine Kollegen in der Vergangenheit Rechtssicherheit bei den „Baukostenzuschüssen“ angemahnt. Dabei geht es um einmalige Zahlungen, die den Kunden für bauliche Maßnahmen bei der Errichtung neuer Netzanschlüsse verrechnet werden dürfen. Laut Zimmerberger sind PV-Anlagen von diesen Zuschüssen weitgehend ausgenommen, obwohl durch ihre große Anzahl immer wieder Netzverstärkungen nötig werden. „Wenn für zehn neue PV-Anlagen eine zusätzliche Trafostation errichtet werden muss, entstehen Kosten von rund 150.000
Euro, denen keine Baukostenzuschüsse gegenüberstehen. Wären es stattdessen zehn Haushalte, könnten Zuschüsse in Höhe von 30.000
Euro verrechnet werden“, erläuterte Zimmerberger.
Bürokratie ohne Nutzen Wünschenswert wäre ihm zufolge auch ein staatlicher Fonds für den Netzausbau. Wenig hält Zimmerberger jedoch davon, diesen Fonds durch Beiträge der Energieversorger zu speisen, wie dies die vormalige Energieministerin Leonore Gewessler (Die Grünen) vorgeschlagen hatte. Zimmerberger bestätigte der Redaktion, dass damit Geld von den Energievesorgern eingehoben würde, um dieses über den Fonds deren Tochtergesellschaften, den Netzbetreibern, für den Leitungsbau zur Verfügung zu stellen.
Allerdings gehen die Energieversorger, grob gesprochen, ohnehin für die Finanzierung der Leitungen in Vorlage und bekommen ihr Geld über die von den Netzbetreibern eingehobenen Tarife wieder zurück. „Wir als Netzbetreiber werden ja über unsere Mutterkonzerne finanziert. Das würde auch mit dem Fonds so bleiben“, erläuterte Zimmerberger. Käme auch das Geld für den Fonds von den Energiegesellschaften, wie Gewessler wünscht, brächte dies somit nur zusätzliche Bürokratie, aber keinen erkennbaren Nutzen.
// VON Klaus Fischer WENIGER