Das kommende Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) und das noch bis 21.
Oktober in Begutachtung befindliche Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz (EABG) müssen der E-Wirtschaft Rechtssicherheit bieten. Das forderte Vorstandsdirektor Alexander Speckle vom landeseigenen Tiroler Energiekonzern Tiwag am 15.
Oktober bei einer Pressekonferenz aus Anlass der Energietechniktagung des Österreichischen Verbands für Elektrotechnik (OVE).
// VON Klaus Fischer MEHR...
Der OVE ist grob gesprochen die „technisch“ ausgerichtete Schwestergesellschaft des E-Wirtschafts-Verband Oesterreichs Energie. Speckle zufolge steht die Branche im Zusammenhang mit der Energiewende vor erheblichen Herausforderungen. Es gelte, diesen massiven Umbau nicht zuletzt der Stromversorgung auch in ökonomischer Hinsicht tragbar zu gestalten: „Das heißt, die Energiepreise und die Netztarife müssen die Wirtschaft wettbewerbsfähig halten.“
In den vergangenen fünf Jahren, in denen die Grünen die Energiepolitik der Bundesregierung verantworteten, sei vor allem die Photovoltaik ausgebaut, die Gesamtbetrachtung der Energieversorgung indessen leider „vergessen“ worden. „Wir brauchen aber nicht nur den Ausbau der erneuerbaren Energien, sondern auch den der Netze und der Speicher“, betonte Speckle. Die Entwürfe des ElWG und des EABG enthielten diesbezüglich etliche nützliche Bestimmungen. Aber sie seien noch nicht in einer Form, „dass man sagen könnte, das ist der große Wurf“.
Konflikt um Netzentgelte Als kritisch im ElWG erachtet Speckle nicht zuletzt die geplante Verpflichtung für Stromerzeuger zur Entrichtung des Netznutzungsentgelts. Nach geltender Rechtslage haben dieses, wie berichtet, ausschließlich die Stromverbraucher zu bezahlen. Mit ihm werden den Netzbetreibern „die Kosten für die Errichtung, den Ausbau, die Instandhaltung und den Betrieb des Netzsystems abgegolten“. Von der Redaktion darauf angesprochen, dass die Netzgesellschaften vehement für die Ausweitung des Entgelts auf die Erzeuger eintreten, konstatierte Speckle, die Politik solle „nicht die Erzeuger gegen die Netzbetreiber ausspielen“. Stattdessen gelte es, „gesamthafte“ Lösungen für das Problem der investitionsbedingt tendenziell steigenden Netzkosten zu finden.
Der Präsident des OVE und Geschäftsführer der Wiener Netze, Gerhard Fida, ergänzte, Interessenkonflikte innerhalb der E-Wirtschaft könnten gelegentlich auftreten. Er habe durchaus Verständnis für die Erzeuger, die um ihre Position im internationalen Wettbewerb fürchteten. Doch immer häufiger komme es vor, dass unter anderem Inhaber großer PV-Anlagen Strom in ein Netz einspeisten und es damit belasteten. Weil sie aber kaum noch Strom aus dem Netz bezögen, trügen sie auch nicht angemessen zur Deckung der Kosten für die von ihnen beanspruchte Infrastruktur bei. „Das ist letztlich die Grundsatzdiskussion, wer wie viel von den Netzkosten zu tragen hat. Es ist Sache der Politik, das zu entscheiden. Ich kann nur sagen: Liebe Politiker, bitte klärt das. Denn dafür wurdet Ihr gewählt“, sagte Fida.
Kooperation statt Konsolidierung Wenig hält Fida von den Plänen der Bundesregierung, die Netzgesellschaften in einem einheitlichen Unternehmen zu konsolidieren. Anlässlich der Zusammenlegung der Krankenkassen habe die damalige Regierung Einsparungen von rund einer Milliarde Euro pro Jahr versprochen. Nach derzeitigem Stand verteuerte sich das System indessen erheblich: „Das heißt, von der Milliarde ist nicht viel übriggeblieben. Man sollte funktionierende Strukturen nicht zerstören.“
Schon jetzt arbeiteten die Netzgesellschaften in vielen Belangen zusammen, und dies gelte es, weiter zu verstärken. Auch die Koordination der Ausbaupläne der Verteilnetzbetreiber durch den Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid sei zweifellos sinnvoll: „Aber kleinen Stadtwerken damit zu drohen, dass sie ihre Netze loswerden, macht nichts billiger.“
Nicht überraschend Unterdessen kündigten staatlich anerkannte Umweltorganisationen an, das EABG vor den Europäischen Gerichtshof bringen zu wollen, falls ihre Forderungen nach Änderungen des Entwurfs nicht erfüllt werden. In einer Aussendung vom 15.
Oktober verlangten sie, „dass die Wasserkraft, und insbesondere Kleinwasserkraftwerke, von Erleichterungen im Zuge des EABG ausgenommen werden“.
Speckle beschied auf die Bitte der Redaktion, dies zu kommentieren, die Forderung komme nicht unerwartet: „Diese Organisationen müssen ihre Klientel bedienen. Sie sollten der Bevölkerung aber auch sagen, wie sie den Strombedarf decken wollen, der sich bis 2040 in etwa verdoppeln dürfte“.
// VON Klaus Fischer WENIGER