Das Urteil des Bundesgerichtshofs im Mai 2025 sowie vorangegangene Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zu Kundenanlagen sorgen weiter für Unsicherheit in der Branche. Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie im Deutschen Bundestag hat zwar am 13.
November eine Übergangsregelung auf den Weg gebracht, die im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) verankert ist, um Bestands-Kundenanlagen bis Ende 2028 von den Regulierungsbestimmungen für Verteilnetzbetreiber auszunehmen. Die Branche aber fordert zügig eine langfristige Lösung.
// VON Heidi Roider MEHR...
„Mit der Übergangsregelung wird die bisherige Rechtslage für Bestandsanlagen für drei Jahre konserviert, und Betreiber bisheriger Kundenanlagen sind nicht als Netzbetreiber zu behandeln“, steht dazu in der Beschlussempfehlung des Bundestages. Zugleich wurde die Bundesregierung aufgefordert, möglichst zeitnah eine mit EU-Recht vereinbare Regelung zu erarbeiten, die Rechtssicherheit für den künftigen Betrieb von Konstellationen gewährleistet, die unter den bisherigen Kundenanlagenbegriff fielen. „Dabei sei zu berücksichtigen, dass unverhältnismäßige bürokratische Lasten für die Betreiber vermieden werden sollen“, so der Bundestag am 13.
November.
Auf Übergangsregelung muss Dauerlösung folgenDie „Kundenanlage“ ist eine Ausnahme von der Netzregulierung für bestimmte Konstellationen mit Stromerzeugung und Hausnetz. Dabei handelt es sich um lokale Energieversorgungsstrukturen – etwa Stromnetze innerhalb von Wohnquartieren oder Gebäudekomplexen –, über die Mieterinnen und Mieter direkt mit vor Ort erzeugtem Strom, etwa aus Photovoltaikanlagen, versorgt werden.
Als solche bietet sie unter anderem für Contractoren, Quartiers- und Mieterstrom-Anbieter verschiedene bürokratische Vorteile und die Flexibilität, die eigenen Strom-Endpreise allein festzulegen. Diese Ausnahme muss nach der abgeschlossenen Prozessserie enger gefasst werden.
Mit einer Übergangszeit „wird zunächst verhindert, dass funktionierende und kosteneffiziente Modelle der dezentralen Energieversorgung – wie Mieterstrom oder gemeinschaftliche Gebäudeversorgung – durch übermäßige Regulierung ausgebremst werden“, sagte Ingeborg Esser, Hauptgeschäftsführerin des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW.
Gleichzeitig wies der GdW darauf hin, dass die nun vorgesehene Übergangszeit bis zum 31.
Dezember 2028 nur eine Zwischenlösung darstellt. Sie gilt ausschließlich für Anlagen, die bis zum Inkrafttreten der Regelung bereits angeschlossen wurden. „Deshalb bleibt es dringend erforderlich, eine dauerhafte, europarechtskonforme und bürokratiearme Lösung im EnWG zu verankern, so dass auch für Neuanlagen wieder rechtssicher geplant werden kann“, so Esser weiter.
Auch der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW Solar) lobte zwar die im EnWG enthaltene Übergangsregelung. Demnach wird die bisherige, vom BGH verworfene Regelung zumindest für den Bestand erhalten. Wie weit diese Regelung in der Praxis hilft und vor allem bei neuen Projekten anwendbar ist, bleibt aber fraglich, kritisiert der Verband. Der Gesetzgeber solle deshalb schnellstmöglich eine langfristige Regelung nachliefern, wie sie in einem Rechtsgutachten erarbeitet wurde, appelliert der BSW-Solar.
Gutachten empfiehlt an der Definition festzuhaltenEine zentrale Empfehlung eines Gutachtens von der Kanzlei „Nümann + Siebert“ im Auftrag des BSW Solar ist, dass am Begriff und an der Definition der Kundenanlage festgehalten werden sollte. Hierfür sei eine Klarstellung im EnWG erforderlich, inklusive einer Generalklausel, die etwa zur Auslegung von untergesetzlichen Regelungen wie Festlegungen der Bundesnetzagentur genutzt werden kann. Dadurch hätten Kundenanlagen lediglich die EU-Vorgaben für Verteilnetze so weit zu erfüllen, dass sie quasi ein „Verteilernetz light“ bilden.
Insbesondere von den weiterreichenden nationalen Regeln für Energieversorgungsnetze sollten Kundenanlagen hingegen ausgenommen bleiben, so das Gutachten. Damit wäre eine richtlinienkonforme Auslegung des EnWG möglich, in der die bisherige Grenzziehung zwischen öffentlichem Netz und Kundenanlage erhalten bleiben kann. Bisher praktizierte Stromliefermodelle könnten somit auch in Zukunft weiter genutzt werden.
Durch den im Gutachten vorgeschlagenen Ansatz komme es aber zu Einschränkungen beim Betrieb von Speichern und Ladepunkten innerhalb von Kundenanlagen, schreibt der BSW Solar. Diese Einschränkung seien zwar ärgerlich, aber in Anbetracht der ansonsten im Raum stehenden Konsequenzen das deutlich kleinere Übel, da man diese Herausforderungen durch Contracting-Konzepte lösen könne. Für eine grundsätzliche Lösung der Problematik ist laut dem Verband auch der europäische Gesetzgeber gefragt.
Das
Rechtsgutachten zur Kundenanlage ist auf der Webseite des BSW Solar abrufbar.
// VON Heidi Roider WENIGER