Eine Studie des Beratungsunternehmens Ludwig-Bölkow-Systemtechnik im Auftrag des Deutschen Wasserstoff-Verbands (DWV) hat die Auswirkungen einer vollständigen Elektrifizierung des Schwerlastverkehrs auf der Straße untersucht. Im Fokus stand dabei das Stromnetz.
// VON Fritz Wilhelm MEHR...
Die künftige Entwicklung wird in drei Szenarien beleuchtet: Ein Bedarfsszenario (orientiert sich an der Frage, wie viel Leistung und Energie die Schwerlast-Flotte benötigt, um reale Fahr- und Pausenzeiten einzuhalten), eine Angebotsszenario (orientiert sich an der Frage, welche Leistung eine öffentliche Ladeinfrastruktur für Nutzfahrzeuge tatsächlich bereitstellen kann) und ein „Entlastungsszenario“ (berücksichtigt die Ergänzung und Entlastung durch eine Wasserstoffinfrastruktur).
Die Berater gehen davon aus, dass bis 2040 der tägliche Strombedarf der elektrifizierten Fernverkehrsflotte auf mehr als 60
Millionen kWh steigt. Dies würde dem 1,5-Fachen des heutigen Jahresstromverbrauchs von Berlin entsprechen, rechnen sie vor. Der Abschätzung liegt ein Fahrzeugbestand von etwa 130.000
Lkw im Schwerlastverkehr zu Grunde, von denen täglich etwa 100.000 im Einsatz sind.
Für einen einzelnen Lkw setzen die Studienautoren eine tägliche Fahrleistung von 530
km und einen entsprechenden Energieverbrauch von 630
kWh an. Kritisch sehen sie, dass sich Ladevorgänge in einem etwa vierstündigen Zeitfenster um die Mittagszeit herum ballen, da die Fahrer wahrscheinlich ihre 45-Minuten-Pause dafür heranziehen. In dieser Zeit wären Ladeleistungen im Megawatt-Bereich erforderlich.
Wasserstofftankstelle benötigt nur 1 MW AnschlussleistungDie dadurch entstehenden Lastspitzen könnten abgefedert werden, wenn tagsüber etwa 1.000 Ladeparks mit jeweils 8
MW oder 350 Ladeparks mit jeweils 22
MW zur Verfügung stünden. Zusätzlich seien für nächtliche Ladestopps zwischen 60.000 und 80.000
AC-Ladepunkte an Rasthöfen notwendig. Allein an den derzeit bestehenden Autobahntankstellen müssten dafür nachts im Schnitt 228 zusätzliche AC-Ladepunkte sowie ein zusätzlicher 5-MW-Netzanschluss pro Standort vorhanden sein.
Auf der Angebotsseite verzeichnen die Berater die laut dem Bundesverkehrsministerium und der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur bis 2030 geplanten 350 Ladeparks mit durchschnittlich 8
MW Anschlussleistung. Die geplante Infrastruktur sei bei 2,8
GW Anschlussleistung bereits täglich 3,7
Stunden voll ausgelastet, um den Energiebedarf der elektrischen Long-Haul-Flotte zu decken. Nach 2030 sei eine massive Kapazitätserweiterung in Leistung und Anzahl der Ladepunkte unabdingbar, denn elf oder gar 22 Stunden Volllastbetrieb pro Tag aller Ladeparks bundesweit sei logistisch und betrieblich nicht darstellbar.
Plädoyer für „Parallelbetrieb“Deshalb plädiert der DWV dafür, die geplante Ladeinfrastruktur „synergistisch um Wasserstoff zu erweitern“. Demnach könnten Wasserstoff-Tankstellen an den geplanten 350 Ladeparkstandorten integriert werden. Dieser „Parallelbetrieb“ würde zu einer „massiven Entlastung“ des Stromnetzes führen, da rund 40.000 Wasserstoff-Lkw, was etwas mehr als 40
Prozent der Schwerlast-Flotte entspricht, täglich bundesweit betankt werden könnten. Die benötigte Anschlussleistung einer Wasserstofftankstelle betrage auch nur rund 1
MW. Außerdem könnten dezentrale Wasserstoffspeicher – der Verband spricht von einer Menge von jeweils 5
Tonnen – eine Pufferung und gegebenenfalls Rückverstromung ermöglichen.
Die Studie zur
Elektrifizierung des Schwerlastverkehrs steht zum Download auf der Internetseite des DWV zur Verfügung.
// VON Fritz Wilhelm WENIGER