Das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen hat am 27.
November nach eigenen Angaben die Klage des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) gegen den alten Offshore-Windpark „Butendiek“ erneut abgewiesen.
// VON Georg Eble MEHR...
Im Kern bemängelte der 21.
Senat des OVG, der Nabu habe nicht nachgewiesen, dass durch „Butendiek“ im Sylter Cluster überhaupt ein Umweltschaden im Sinne des gleichnamigen Gesetzes entstanden ist. Zudem vermochte das Gericht kein Verschulden der Betreiberin Skyborn Renewables (vormals WPD Offshore) erkennen. „Butendiek“ ist einer der ältesten Offshore-Windparks. Die 80
Anlagen mit einer Gesamtleistung von 288
MW waren 2002 genehmigt und 2014/15 aufgestellt worden.
Der Nabu will seit der Inbetriebnahme das Bundesamt für Naturschutz (BfN) und das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) gerichtlich dazu zwingen, gegenüber der Betreiberin Sanierungsmaßnahmen anzuordnen - wegen angeblicher Schäden am Lebensraum von Stern- und Prachttauchern (Seetauchern) im Vogelschutzgebiet „Östliche Deutsche Bucht“, in dem „Butendiek“ liegt. Der Umweltverband nutzte dabei das Verbandsklagerecht, das seit 2010 im Bundesnaturschutzgesetz steht.
„Dynamische Betreiberpflichten“Die Prozessserie beschäftigte bereits den gesamten Rechtszug der Verwaltungsgerichtsbarkeit in NRW und Hamburg. In den ersten beiden Instanzen ging der Nabu jeweils baden. Sowohl das OVG Münster als auch das OVG Hamburg mussten sich aber noch einmal mit der Sache befassen, nachdem das Bundesverwaltungsgericht im April 2021 überraschenderweise „dynamische Betreiberpflichten“ angenommen hatte (wir berichteten). Tauchen demnach neue Erkenntnisse zu Umweltauswirkungen auf, müssen diese unter Umständen berücksichtigt werden. Im Ergebnis kam das OVG Münster in dem zurückverwiesenen Fall jetzt trotzdem zum selben Ergebnis.
Das BfN war im November 2020 aufgrund dieser neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Seetauchern zu der Auffassung gelangt, dass der Betrieb des Windparks das Vogelschutzgebiet „Östliche Deutsche Bucht“ doch erheblich beeinträchtige und deshalb gegen naturschutzrechtliche Verbote verstoße. Es hatte aber im März 2021 für den weiteren Betrieb des Windparks Ausnahmen von den betroffenen Verboten erteilt. Hiergegen hatte sich der Nabu ebenso gewandt, war aber mit seiner Klage untergegangen, weil ein Gericht die Ökostrom-Erzeugung stärker gewichtete.
Nach Ansicht des OVG Münster lässt sich ein Umweltschaden zudem nicht feststellen, weil es weiterhin „gravierende fachwissenschaftliche Erkenntnislücken zu den Habitatansprüchen der Seetaucher“ in der gesamten deutschen Nordsee gebe. Maßgeblich sei nicht nur das Vogelschutzgebiet, auf das sich der Nabu gestützt hatte, sondern die gesamte Nordsee. Auf dieser Grundlage lasse sich eine erhebliche Beeinträchtigung des Erhaltungszustands nicht feststellen.
Zudem verneinte das OVG ein Verschulden der Betreiberin als Voraussetzung für eine Haftung nach dem Umweltschadensgesetz. Die Gesellschaft habe auf die Genehmigungsbescheide und Bewertungen der zuständigen Fachbehörden vertrauen dürfen, wonach der Betrieb des Windparks mit den Belangen der Seetaucher vereinbar ist.
Schließlich sah der Senat auch keine geeigneten Sanierungsmaßnahmen. Maßnahmen wie etwa das Anlegen von Riffen kämen in Betracht, seien aber hier nicht Grundlage der Klage; Eingriffe mit Anlagen- oder Betriebsbezug wiederum könnten auf Basis des Umweltschadensgesetzes nicht angeordnet werden.
Eine Revision wurde nicht zugelassen. Der Nabu kann dagegen Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einlegen. Dies behält sich der Verband auf Anfrage implizit vor: Man erkenne jedes Gerichtsurteil an, doch schaue sich die Begründung hier „sorgfältig“ an. Das OVG Münster habe dem Nabu womöglich auch seinen Erfolg in der nächsthöheren Instanz heimgezahlt.
Inhaltlich bedauerte Kim Cornelius Detloff, Leiter Meeresschutz beim Nabu und kommisarischer Fachbereichsleiter Politik, dass das OVG den angeblichen Verlust von knapp 10
Prozent eines Vogelschutzgebiets und eines Rast- und Nahrungshabitats nicht als Umweltschaden anerkannte, während selbst das BfN als Beklagte das Gebiet als „unersetzbar für den guten Erhaltungszustand der Seetaucher“ beschreibt.
Ferner sei der Nabu in dieser Prozesserie nicht mit einer Vorlage an die EU-Gerichtsbarkeit durchgedrungen. Der Verband wollte in Luxemburg geklärt haben, ob Deutschland durch unklare Zuständigkeiten - etwa BfN und BSH - gegen die EU-Umwelthaftungsrichtlinie verstößt
„Butendiek“ wird wohl ersatzlos zurückgebautOhnehin ist die Windfläche für „Butendiek“ nach derzeitiger Rechtslage endlich: Das BSH hatte sie in seinem Flächenentwicklungsplan(FEP)-Entwurf vom Juni 2024 faktisch zum Rückbau vorgemerkt. Präsident Helge Heegewaldt hatte sich im selben Jahr in einem Interview mit dieser Redaktion „skeptisch“ geäußert, dass die Fläche entgegen dem Entwurf doch noch als Windfläche reserviert wird.
Er begründete dies damals wegen „Bedenken aufgrund von − tatsächlich von uns nicht erwarteter − erhöhter Scheuchwirkung auf den Seetaucher in einem seiner Hauptkonzentrationsgebiete. Im Moment rechnet keiner damit, dass ‚Butendiek‘ nach Ende der Betriebsdauer weiterbetrieben wird.“ Heegewaldt bestätigte, dass damit ohnehin 2039 Schluss mit „Butendiek“ und seiner Fläche wäre.
Das Aktenzeichen beim OVG Münster: 21 A 49/17. Bei der Vorinstanz Verwaltungsgericht Köln lautete es 2 K 6873/15.
// VON Georg Eble WENIGER