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Die Initiative Energiesysteme der Zukunft (Esys) diskutierte in einem Webinar die Strombedarfsentwicklung von Rechenzentren in Deutschland und technische sowie regulatorische Optionen.
Im „Deep Dive“ der Initiative Energiesysteme der Zukunft (ESYS) standen am 3.
Dezember die Perspektiven von Rechenzentren in Deutschland im Mittelpunkt. Aktuell gibt es bundesweit rund 2.000 Rechenzentren, die bereits jährlich etwa 20
Milliarden
kWh Strom benötigen, also 4
Prozent des Bruttostromverbrauchs.
// VON Susanne Harmsen
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Esys verweist darauf, dass sich dieser Wert bis 2045 auf etwa 80 Milliarden kWh erhöhen könnte, falls das Wachstum anhält. Der steigende Energiebedarf verschärfe bestehende Herausforderungen, etwa beim Netzanschluss, erläuterte Boris Katzenmeyer von der NRM Netzdienste Rhein-Main GmbH, einer Tochter des Energieversorgers Mainova aus Frankfurt am Main.
Das Unternehmen plane, die Netzleistung bis 2037 um rund 1.000
MW zu erhöhen und bis 2040 mehr als 1.000
Kilometer neue Leitungen zu verlegen sowie etwa zehn neue Umspannwerke zu errichten. Wegen hoher Leistungsanfragen nutzt das Unternehmen seit 2021 ein Pro-rata-Verfahren, das die Anschlusskapazitäten anteilig verteilt. Anfragen über 10
MW blieben weiterhin auf konstant hohem Niveau.
Katzenmeyer stellte außerdem dar, dass Engpässe im Stromnetz zu vermehrten Anfragen nach Gasanschlüssen führen, weil Rechenzentrumsbetreiber mit Alternativen wie Gasmotoren oder Brennstoffzellen Energie vor Ort erzeugen wollen.
Die Bundesnetzagentur hat im November 2024 ein Konsultationsverfahren zum Umgang mit Netzkapazitäten gestartet. Eine einheitliche Branchenlösung sei nicht zustande gekommen, daher liege die Ausgestaltung geeigneter Verfahren weiterhin bei den Netzbetreibern.
Stabile Stromversorgung essenziell für RechenzentrenZudem verlangt das Energieeffizienzgesetz für Rechenzentren eine bilanzielle Versorgung zu 100 Prozent mit Ökostrom. Fachleute diskutierten im Webinar, wo Effizienzpotenziale liegen und welche regulatorischen Anpassungen notwendig erscheinen.
Ralph Hintemann vom Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit in Berlin ordnete den deutschen Markt in die internationale Entwicklung ein. Er beschrieb weltweit prozentual zweistellige Zuwachsraten und hob hervor, dass der US-amerikanische Markt wegen Anwendungen im Bereich künstlicher Intelligenz besonders dynamisch wächst.
Deutschland könne zwar mit diesen Raten nicht Schritt halten, zeige jedoch innerhalb Europas eine starke Entwicklung. Laut Hintemann erreichen die Investitionen hierzulande 2025 ein hohes Niveau: 3,3
Milliarden Euro für Gebäude und technische Infrastruktur sowie 12
Milliarden Euro für IT-Hardware. Cloud-Dienste und künstliche Intelligenz gelten nach seinen Angaben als zentrale Treiber.
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Steigender Strombedarf von Rechenzentren in Deutschland - Für Vollbild auf die Grafik klicken. Quelle: Bitkom / Borderstep |
Effizienterer Betrieb möglichKristel Michielsen vom Jülich Supercomputing Center des Forschungszentrums Jülich stellte den Supercomputer Jupiter vor. Sie erläuterte, wie der hocheffiziente Rechner aufgebaut ist und welche Anforderungen er an Energieversorgung und Kühlung stellt. Effizienzpotenziale im Betrieb beleuchtete Johannes Krafczyk von T-Systems, einer Einheit der Deutschen Telekom mit Sitz in Bonn.
Krafczyk bezifferte den Strombedarf der IT-Plattformen, zu denen Server, Speicher und Netzwerktechnik zählen, sowie der für Betrieb, Entwicklung und Verwaltung notwendigen Anwendungen auf zusammen rund 78 Prozent des Gesamtverbrauchs im Rechenzentrum. Etwa 22 Prozent entfielen auf die Gebäudetechnik wie Klimatisierung und Sicherheitssysteme. Durch angepasste Kühlkonzepte oder höhere Betriebstemperaturen ließen sich nach seinen Angaben Einsparungen erzielen.
Der T-Systems-Experte skizzierte zudem technische Trends. Containerisierung und Cloud-Technologien könnten ungenutzte Ressourcen temporär abschalten. „Green Coding“ und der verstärkte Einsatz von ARM-Prozessoren senkten den Strombedarf pro Rechenoperation. Serverless Computing ermögliche zudem eine granularere Nutzung von Ressourcen. Krafczyk wies darauf hin, dass der Betrieb von KI-Plattformen besondere Anforderungen an Leistung und Kühlung stellt, aber zugleich Lastverschiebungen erlaubt, die das Stromnetz unterstützen können.
Rechenzentren ins Energiesystem integrierenAbschließend diskutierten die Fachleute, wie Rechenzentren künftig in städtische Planungen integriert werden können. Dazu gehörten beispielsweise Konzepte zur Nutzung von Abwärme oder zur zeitweisen lokalen Energieversorgung über Solaranlagen, Windkraft, Batteriespeicher oder konventionelle Technik. Auch die Frage, ob Rechenzentren selbst Strom erzeugen sollten, spielte dabei eine Rolle. Laut Esys ist entscheidend, ökologische und ökonomische Anforderungen in Einklang zu bringen und bestehende Infrastrukturen weiter zu nutzen.
Esys koordiniert Acatech, die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften mit der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften.
Die
Rechenzentrum-Beiträge sind auf der Webseite der Esys veröffentlicht.
// VON Susanne Harmsen
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